Tierschutzgerechte Pflege

Wir werden seit der jüngsten Novelle des Österreichischen Tierschutzgesetzes und dem entschiedenen Vorgehen der Behörde immer häufiger gefragt, was man beim Trimmen des West Highland White Terrier nun beachten muss:

Ja, auch beim Westie stellt sich das Problem, wie vom Tierschutzgesetz gefordert die Vibrissen beim Grooming nicht zu verletzen.

Download: Merkblatt zum tierschutzgerechten Trimmen

Was sind Vibrissen?

Jeder Hund hat "Vibrissen", d. h. Tasthaare seitlich am vorderen Fang und unten in der Mitte des Unterkiefers, über den Augen und seitlich an den Wangen. Dazu ein Zitat aus dem "Gutachten über das Abschneiden von Vibrissen bei Hunden" von Rudolf Winkelmayer und Regina Binder:

"Vibrissen sind haarartige Gebilde der Haut von Säugetieren, die sich von Fellhaaren in einigen wichtigen Punkten unterscheiden:

  1. Sie sind in der Regel viel länger als Fellhaare.
  2. Sie sind vor allem in der Gesichtsregion lokalisiert, obwohl sie bei einigen Tierarten auch am Unterarm und/oder an der ventralen Körperoberfläche vorkommen können.
  3. Die Follikel, aus denen die Vibrissen herauswachsen, sind im Vergleich zu den Follikeln von Fellhaaren sehr groß und hochgradig innerviert (fünf- bis sechsmal größer).
  4. Die Follikel der Vibrissen verfügen über blutgefüllte Sinusgewebe.
  5. Jede Vibrisse ist im sensorischen Cortex sehr deutlich repräsentiert."

(Winkelmayer, Rudolf, Binder, Regina, Gutachten über das Abschneiden von Vibrissen bei Hunden, TiRuP, Jahrgang 2020, Heft 4 (2020), Seiten 1-15)

Dazu das Österreichische Tierschutzgesetz

https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=20003541

Verbot von Eingriffen an Tieren

§ 7. (1) Eingriffe, die nicht therapeutischen oder diagnostischen Zielen oder der fachgerechten Kennzeichnung von Tieren in Übereinstimmung mit den anwendbaren Rechtsvorschriften dienen, sind verboten, insbesondere

1. Eingriffe zur Veränderung des phänotypischen Erscheinungsbildes eines Tieres,

2. das Kupieren des Schwanzes,

3. das Kupieren der Ohren,

4. das Durchtrennen der Stimmbänder,

5. das Entfernen der Krallen und Zähne,

6. das Kupieren des Schnabels,

7. das Entfernen oder Kürzen der Vibrissen.

(2) Ausnahmen von diesen Verboten sind nur gestattet

1. zur Verhütung der Fortpflanzung oder

2. wenn der Eingriff für die vorgesehene Nutzung des Tieres, zu dessen Schutz oder zum Schutz anderer Tiere unerlässlich ist; diese Eingriffe sind in der Verordnung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 festzulegen.

Bedeutung beim Westie

Beim Westie verschwinden die Vibrissen im dichten und langen Haar am Kopf, sie sind kaum sichtbar, da normalerweise ebenfalls weiß, aber meistens spürbar, weil sie steifer und dicker sind als das Fellhaar.

Wenn man das Haar am Kopf und Fang mit den Fingern, der Schere oder Schermaschine in Form bringt, wurden die Vibrissen bisher häufig mit ausgezupft bzw. praktisch immer mit abgeschnitten, falls das Fell am Kopf nicht wesentlich länger belassen wurde als die Vibrissen sind.

Tierschutzgerechtes Trimmen und Vibrissen beim Westie

Aufgrund des Gesetzestextes sowie des zitierten Gutachtens und nach Rücksprache mit Tierärzten können wir nur allen, die das Fell eines West Highland White Terrier trimmen, schneiden oder scheren, dringend empfehlen, die Vibrissen nicht mit zu kürzen, um sich nicht strafbar zu machen.

Die Haare müssen einzeln aus dem Haar am Fang, Kinn, Augenbrauen und Wangen herausgesucht und gegebenenfalls beim Kürzen ausgespart werden.

Das bedeutet Mehrarbeit, wird für den Hund auch lästig sein, einfach weil länger an seinem Kopf herumhantiert wird, aber wir können uns allen diese Mühe leider nicht ersparen, das Gesetz ist hier eindeutig, und die angedrohten Strafen sind drakonisch.

Zum Thema

Tierschutzgerechte Fellpflege betrifft natürlich nicht nur die Vibrissen. Sie beginnt mit dem laufenden Bürsten mit und gegen den Strich (alle paar Tage), um lose Unterwolle auszubürsten, und dem regelmäßigen Entfernen des abgestorbenen Haares – eben dem "Trimmen". Die Abstände zwischen den Trimmterminen müssen je nach Hund einerseits so lang bemessen werden, dass das Deckhaar reif, also die oberste Generation abgestorben ist und beim Trimmen schmerzlos ausgezupft werden kann, dass der Hund andererseits mit seinem Pelzmantel noch leben kann, d. h. aus den Augen sieht, die Ohren nicht herabgezogen werden, der Popo nicht verschmutzt, sich unter den Achseln, in der Leiste und zwischen den Ballen keine Knoten bilden. 

An sich ist das Scheren von Westies nicht tierschutzgerecht, weil der natürliche Haar-Zyklus dadurch zerstört wird, das Haar wird wattig, das Deckhaar verschwindet, der Hund hat keinen Wetterschutz mehr, das Fell wird weich und verfilzt. Wenn man seinen Westie schon unbedingt scheren lassen will, dann muss man das so häufig tun, dass keine Fellprobleme entstehen können.

Der richtige Abstand zwischen den Trimmterminen beträgt meistens zwei Monate, bei manchen Westies muss man häufiger trimmen, bei manchen seltener.

Zwischen den Trimmterminen müssen dem Westie ein oder zwei Mal die Haare vor den Augen, am Popo und ev. an den Pfoten vorsichtig zurückgeschnitten werden. Wer das selbst nicht machen will, kann ja auch zwischen den Terminen zum Trimmer seiner Wahl gehen, ein schnelles Service geht sich meistens aus.

Ganz wichtig und tatsächlich tierschutzrelevant ist natürlich auch, die Krallen so kurz zu halten, dass sie nicht im Stand auf dem Boden aufstehen, sonst werden die Gelenke ständig falsch belastet. Die Krallen kann man selbst schneiden oder es vom Tierarzt machen lassen. Es gibt auch gute Krallenschleifer, mit denen man das Leben der Kralle nicht verletzen kann.

Das Baden ist nicht unbedingt eine Frage des Tierschutzes. Viele Westies werden in ihrem Leben vielleicht zwei oder drei Mal gebadet. Wenn man badet, dann aber mit einem Hundeshampoo (möglichst für Terrier), damit in den Augen nichts brennen kann. Tierschutzrelevant ist aber, den Hund dann ordentlich zu trocknen, denn im feuchten Fell können sich Keime vermehren, die dann Ekzeme mit sich bringen.